Früheres Staatsoberhaupt

Gauck: Antisemitismus aus arabischem Raum vernachlässigt

08. November 2025 , 05:00 Uhr

Der ehemalige Bundespräsident mischt bis heute in der politischen Debatte mit. Was Gauck zum Thema Judenhass zu sagen hat - und warum er derzeit lieber nicht nach Israel fahren will.

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck fordert einen entschlosseneren Kampf gegen Antisemitismus – auch wenn dieser aus dem arabischen Raum oder von der politisch linken Seite kommt. «Wir haben seit Jahrzehnten eingeübte Abwehrreflexe gegenüber rechts – das ist gut», sagte er dem «Tagesspiegel». «Was lange vernachlässigt wurde, ist die Beschäftigung mit Antisemitismus etwa aus dem arabischen Raum, wo es völlig normal sein kann, mit antisemitischen Vorstellungen aufzuwachsen.» Manche hätten auch Probleme, über linken Antisemitismus in Deutschland zu sprechen. «Egal, wo Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit herrühren: Wir brauchen mehr Entschlossenheit beim Schutz der Menschenwürde», sagte er. 

«Froh, nicht nach Israel fahren zu müssen»

Gauck übte zugleich Kritik am Vorgehen Israels in Gaza. «Natürlich war Israels Verteidigung nach den mörderischen Attacken der Hamas am 7. Oktober gerechtfertigt, aber die Art der Kriegsführung überschreitet das Maß dessen, was ich akzeptieren kann», sagte der Alt-Bundespräsident. Er würde in Israel gerne Freunde treffen. «Aber insbesondere die Parteien am rechten Rand, auf die sich (Ministerpräsidenten Benjamin) Netanjahu stützt, mit einer arroganten Sicht auf die palästinensische Bevölkerung, erzeugen bei mir einen solchen Widerwillen, dass ich froh bin, nicht hinfahren zu müssen.»

Israel etwa beim Eurovision Song Contest (ESC) auszuschließen, halte er jedoch für falsch, sagte Gauck – ebenso wie Boykotte, die israelische Wissenschaftler und Künstler beträfen. «Ich halte das für eine falsche Strategie, zumal viele der Betroffenen Gegner der Politik Netanjahus sind», meinte er. 

Krieg begann vor zwei Jahren 

Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer Terroristen in Israel, bei dem am 7. Oktober 2023 etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 verschleppt wurden. Bei massiven israelischen Angriffen im Gazastreifen wurden danach nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 68.500 Menschen getötet. Seit dem 10. Oktober gilt offiziell eine Waffenruhe im Gaza-Krieg, die aber brüchig ist.

Quelle: dpa

Deutschland Extremismus Israel Konflikte Krieg

Das könnte Dich auch interessieren

01.12.2025 Sipri: Weltweite Rüstungsumsätze erreichen neuen Höchststand Zahlreiche Staaten rüsten gerade massiv auf. Das schlägt sich auch auf die Verkaufszahlen der weltgrößten Rüstungskonzerne nieder. Besonders deutsche Waffenproduzenten nehmen deutlich mehr Geld ein. 18.11.2025 Rüstungsexport-Beschränkungen für Israel werden aufgehoben Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, eine umstrittene Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen. 12.11.2025 Wadephul: G7 wollen rasches UN-Mandat für Gaza-Frieden Die Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien will den Nahost-Friedensplan über die Vereinten Nationen absichern. Der Bundesaußenminister spricht von einem «Flaschenhals» für die Wiederaufbaukonferenz. 05.12.2025 «Dickköpfige Dummheit» - Putins Unterhändler verspottet Merz Verhandeln die USA und Russland über die Köpfe von Ukrainern und Europäern hinweg? Europaweit wächst die Besorgnis darüber zumindest. In Moskau reagiert ein hochrangiger Politiker mit Spott.